Wissenschaftlicher Hintergrund
Die wichtigsten Grundlagen kurz gefasst:
Sprachwahrnehmung und Sprachproduktion sind eng miteinander verbinden und beeinflussen einander (Tsao et al. 2004).
Wie neueste Ergebnisse aus den kognitiven Neurowissenschaften bestätigen, ist die auditive Wahrnehmung von großer Bedeutung für den Fremdsprachenerwerb. Die kindliche Entwicklung im Spracherwerb zeigt schon ab den ersten Lebensmonaten eine Veränderung von der Fähigkeit zu einer zunächst universalen Sprachwahrnehmung hin zu einer selektiven, speziell auf die Muttersprache ausgerichteten sprachspezifischen Wahrnehmung (Kuhl et al. 2008, Kuhl 2009). Im Laufe der Zeit entwickeln Kinder unter dem Einfluss der Muttersprache spezifische muttersprachlich bedingte auditive Wahrnehmungsschemata, welche eine unerlässliche Voraussetzung für den Erwerb der Muttersprache sind. Gleichzeitig stellt diese Fähigkeit zu einem fokussierten Hören jedoch ein Hindernis für die genaue Wahrnehmung von fremdsprachlichen Lauten dar und kann daher zu Problemen beim Erlernen von Fremdsprachen führen. (see Kuhl 2010, 2011; Fikkert 2007; Cutler & Otake 2006; Tuinman & Cutler 2011). Vor allem bei erwachsenen Lernenden sind diese selektiven Wahrnehmungsmuster sehr ausgeprägt. Sie wirken wie akustische Filter, die den Lernprozess behindern und verlangsamen. Da Sprachwahrnehmung und Sprachproduktion eng aneinander gekoppelt sind (e.g. Liberman & Mattingly 1985, sowie e.g. Tsao et al. 2004), führt die Unfähigkeit, feine phonetische Unterschiede zwischen der Muttersprache und der Zielsprache wahrzunehmen (s. (Aoyama et al. 2004), auch zu Schwierigkeiten in der genauen Aussprache von Lauten oder Sprachmustern. Andererseits zeigen Studien im Bereich der Sprachlehrforschung, dass es in besonderen Fällen (durch gezieltes spezielles Training) möglich ist, eine Fremdsprache auch im Erwachsenenalter noch akzentfrei zu erlernen (see e.g. Bongaerts 1999, 2005; Bongaerts et al. 2000).
Eine Möglichkeit, die Sprachproduktion zu verbessern, ist demzufolge die Sensibilisierung der Wahrnehmung, wie es im Projekt FauvoT durch ein spezielles Hörtraining geschieht: dabei werden im Ausspracheunterricht zur Verbesserung der Wahrnehmung fremdsprachlicher Laute elektronisch modifizierte Audio-Materialien verwendet, bei denen spezifische akustische Charakteristika der Zielsprache akustisch verstärkt wurden. Wie Ergebnisse aus dem Projekt zeigen, führt dies zu einer deutlichen Verbesserung der Aussprache der Lernenden (see e.g. Eberl & Pfandl-Buchegger 2008; Pfandl-Buchegger & Insam 2011; Insam/Pfandl-Buchegger/Landsiedler 2012; zur Verbesserung der Lernerfolge durch Verstärken bestimmter Spracheigenschaften siehe auch Bissiri & Pfitzinger 2009).
Tomatis und die Audio-Phonologie
Ein solcher möglicher positiver Einfluss durch die Verwendung von elektronisch modifiziertem Audio-Material auf die Erkennung und Aussprache fremdsprachlicher Laute, besonders bei erwachsenen Lernenden, wurde bereits in den 1960er Jahren vom französischen HNO-Spezialisten Alfred Tomatis postuliert. Er erkannte im Zuge seiner Studien zu Hördefiziten, dass ein enger Zusammenhang zwischen den Audiogrammen seiner Patienten und deren Stimmspektrogrammen, also zwischen Lautwahrnehmung und Produktion, besteht: Einen Laut, den man nicht oder nicht genau hören kann, kann man auch nicht korrekt wiedergeben (Tomatis 1963, 1977, 1991). Im Hinblick auf das Erlernen von Fremdsprachen bedeutet dies, dass die oben erwähnten muttersprachlich bedingten selektiven Hörgewohnheiten mit zunehmendem Alter eine Art Filter für die genaue Wahrnehmung von fremdsprachlichen Lauten und Klangmuster bilden, und diese dadurch auch nicht genau wiedergegeben werden können (woraus der jeweils muttersprachenbedingte ‚Akzent’ resultiert). Um dieser Konditionierung der Wahrnehmung entgegenzuwirken, entwickelte Tomatis eine spezifisches Hörtraining, bei dem die akustische Wahrnehmungsfähigkeit durch gezielte akustische Stimulierung mittels modifiziertem Audio-Input trainiert und damit für die fremdsprachlichen Laute und Intonationsmuster wieder ‚aufgeschlossen‘ werden soll. Diese Modifizierungen erfolgen mithilfe eines von ihm speziell konstruierten Geräts, eines ‚Elektronischen Ohrs‘, durch diverse elektronische Prozesse (Filterungen, eine elektronische Wippe, die Verwendung einer Knochenleitung zusätzlich zur Luftleitung u.a.).
Die von Tomatis erzielten Ergebnisse stammen hauptsächlich aus dem Bereich der klinischen Forschung und sind kaum durch Studien belegt, es fehlt also ein überzeugender Nachweis durch empirische Studien. So wurde die Tomatis-Methode bisher erst einmal in einer Langzeitstudie getestet (Kaunzner 2001 und online), dies allerdings mit beeindruckenden Erfolgen (besseres Sprachverständnis und bessere Aussprache der Testpersonen gegenüber den Kontrollgruppen, dadurch bedingt auch ein wesentlich schnellerer Erwerb von Vokabular und grammatikalischer Kompetenz). Und obwohl einige von Tomatis? Hypothesen inzwischen durch aktuelle sprach- und neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse bestätigt werden (siehe oben), sind andere seiner Annahmen, wie zum Beispiel sein Hörmodell und seine These, dass es in jeder Sprache bevorzugte charakteristische Frequenzmuster (sogenannte Ethnogramme) gibt, äußerst umstritten und konnten nicht nachgewiesen werden (Harmegnies & Landercy 1985; Landercy et al. 1992). Auch eine an der TU Graz durchgeführte Untersuchung (Sereinig 2012) zu Unterschieden im Deutschen, Englischen und Französischen konnte keinen Nachweis für die Existenz solcher spektraler Charakteristika erbringen. Im Lichte dieser widersprüchlichen Rezeption (die zum Teil entschiedene Ablehnung seiner theoretischen Hypothesen steht positiven Rückmeldungen zur praktischen Arbeit mit seinen Geräten gegenüber, siehe auch unsere eigenen Ergebnisse), ist es daher unser Ziel, im Projekt FauvoT durch weitere Studien im Fremdsprachenunterricht eine wissenschaftlich fundierte Basis zu schaffen. Aus diesem Grund haben wir im Jänner 2013 ein Drittmittelprojekt beim FWF beantragt, welches sowohl eine interdisziplinäre Erforschung der wissenschaftlichen Grundlagen der audio-vokalen Methode wie auch eine ausgedehnte Datensammlung und überprüfung ermöglichen soll, um bisherige und zukünftige Ergebnisse vor dem Hintergrund adäquat großer ProbandInnengruppen evaluieren und wissenschaftlich absichern zu können.
Literaturverzeichnis:
Aoyama, K., et al. (2004). “Perceived phonetic dissimilarity and L2 speech learning: the case of Japanese /r/ and English /l/ and /r/.” Journal of Phonetics 32: 233–250.
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—, (2005). “Introduction: Ultimate Attainment and the Critical Period Hypothesis for Second Language Acquisition.” IRAL 43: 259–267.
—, Mennen, S., und van der Slik, F. (2000). “Authenticity of Pronunciation in Naturalistic Second Language Acquisition: The Case of Very Advanced Late Learners of Dutch as a Second Language.” Studia Linguistica 54: 298–308.
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Kaunzner, Ulrike (2001). Das Ohr als Schlüssel zur Fremdsprachenkompetenz. Tübingen: Groos.
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Kuhl, P. K. (2008). “Linking infant speech perception to language acquisition: Phonetic learning predicts language growth.” In: P. McCardle, J. Colombo, und L. Freund, eds. Infant pathways to language: Methods, models, and research directions. New York, NY: Erlbaum. 213¬–244.
— (2009). “Early language acquisition: Neural substrates and theoretical models.” In: M. S. Gazzaniga, ed. The Cognitive Neurosciences. 4th ed. Cambridge, MA: MIT Press. 837–854.
—, Conboy, B. T., Coffey-Corina, S., Padden, D., Rivera-Gaxiola, M., und Nelson, T. (2008). “Phonetic learning as a pathway to language: new data and native language magnet theory expanded (NLM-e).” Philosophical Transactions of the Royal Society B 363: 979–1000.
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— (2011). “Brain Mechanisms Underlying the Critical Period for Language: Linking Theory and Practice.” In: A. M. Battro, S. Dehaene, und W. J. Singer, eds. Human Neuroplasticity and Education: The Proceedings of the Working Group 27–28 October 2010. Vatican City: The Pontifical Academy of Sciences.Landercy, A. et al. (1992). “Analyse de la variabilité du spectre à long terme: reflexions métho¬do¬logiques et études de cas.” Jannées d’Etudes sur la Parole: 561–566.
Liberman, Alvin M., und Mattingly, I. G. (1985). “The Motor Theory of Speech Perception Revised.” Cognition 21: 1–36.
Pfandl-Buchegger, Ingrid Insam, M., und Landsiedler, I. (2011a). “Hearing the Difference: An Innovative Approach to the Teaching of Pronunciation.” In: Biljana Cubrovic und Tatjana Paunovic, eds. Exploring English Phonetics. Proceedings of the Second Belgrade International Meeting of English Phoneticians (BIMEP 2010). Newcastle on Tyne: Cambridge Scholars Publishing. 33–48.
Sereinig, A. (2010). Das Hörmodell nach Alfred Tomatis und die Untersuchungen sprachspezifischer Spektral¬eigenschaften von Deutsch, Englisch und Französisch. Master thesis, Graz University of Technology.
Tomatis, A. (1963). L’Oreille et le langage. Paris: Seuil; engl. Übers. The Ear and Language. Moulin 1997.
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Tsao, F.-M., Liu, H.-M., und Kuhl, P. K. (2004). “Speech perception in infancy predicts language development in the second year of life: A longitudinal study.” Child Development 75: 1067–1084.
- Erkenntnisse aus der Spracherwerbsforschung und den Kognitiven Neurowissenschaften:
Sprachwahrnehmung und Sprachproduktion sind eng miteinander verbinden und beeinflussen einander (Tsao et al. 2004).
- Erkenntnisse aus der Sprachlehrforschung:
- Erkenntnisse aus der Akustischen Phonetik:
Wie neueste Ergebnisse aus den kognitiven Neurowissenschaften bestätigen, ist die auditive Wahrnehmung von großer Bedeutung für den Fremdsprachenerwerb. Die kindliche Entwicklung im Spracherwerb zeigt schon ab den ersten Lebensmonaten eine Veränderung von der Fähigkeit zu einer zunächst universalen Sprachwahrnehmung hin zu einer selektiven, speziell auf die Muttersprache ausgerichteten sprachspezifischen Wahrnehmung (Kuhl et al. 2008, Kuhl 2009). Im Laufe der Zeit entwickeln Kinder unter dem Einfluss der Muttersprache spezifische muttersprachlich bedingte auditive Wahrnehmungsschemata, welche eine unerlässliche Voraussetzung für den Erwerb der Muttersprache sind. Gleichzeitig stellt diese Fähigkeit zu einem fokussierten Hören jedoch ein Hindernis für die genaue Wahrnehmung von fremdsprachlichen Lauten dar und kann daher zu Problemen beim Erlernen von Fremdsprachen führen. (see Kuhl 2010, 2011; Fikkert 2007; Cutler & Otake 2006; Tuinman & Cutler 2011). Vor allem bei erwachsenen Lernenden sind diese selektiven Wahrnehmungsmuster sehr ausgeprägt. Sie wirken wie akustische Filter, die den Lernprozess behindern und verlangsamen. Da Sprachwahrnehmung und Sprachproduktion eng aneinander gekoppelt sind (e.g. Liberman & Mattingly 1985, sowie e.g. Tsao et al. 2004), führt die Unfähigkeit, feine phonetische Unterschiede zwischen der Muttersprache und der Zielsprache wahrzunehmen (s. (Aoyama et al. 2004), auch zu Schwierigkeiten in der genauen Aussprache von Lauten oder Sprachmustern. Andererseits zeigen Studien im Bereich der Sprachlehrforschung, dass es in besonderen Fällen (durch gezieltes spezielles Training) möglich ist, eine Fremdsprache auch im Erwachsenenalter noch akzentfrei zu erlernen (see e.g. Bongaerts 1999, 2005; Bongaerts et al. 2000).
Eine Möglichkeit, die Sprachproduktion zu verbessern, ist demzufolge die Sensibilisierung der Wahrnehmung, wie es im Projekt FauvoT durch ein spezielles Hörtraining geschieht: dabei werden im Ausspracheunterricht zur Verbesserung der Wahrnehmung fremdsprachlicher Laute elektronisch modifizierte Audio-Materialien verwendet, bei denen spezifische akustische Charakteristika der Zielsprache akustisch verstärkt wurden. Wie Ergebnisse aus dem Projekt zeigen, führt dies zu einer deutlichen Verbesserung der Aussprache der Lernenden (see e.g. Eberl & Pfandl-Buchegger 2008; Pfandl-Buchegger & Insam 2011; Insam/Pfandl-Buchegger/Landsiedler 2012; zur Verbesserung der Lernerfolge durch Verstärken bestimmter Spracheigenschaften siehe auch Bissiri & Pfitzinger 2009).
Tomatis und die Audio-Phonologie
Ein solcher möglicher positiver Einfluss durch die Verwendung von elektronisch modifiziertem Audio-Material auf die Erkennung und Aussprache fremdsprachlicher Laute, besonders bei erwachsenen Lernenden, wurde bereits in den 1960er Jahren vom französischen HNO-Spezialisten Alfred Tomatis postuliert. Er erkannte im Zuge seiner Studien zu Hördefiziten, dass ein enger Zusammenhang zwischen den Audiogrammen seiner Patienten und deren Stimmspektrogrammen, also zwischen Lautwahrnehmung und Produktion, besteht: Einen Laut, den man nicht oder nicht genau hören kann, kann man auch nicht korrekt wiedergeben (Tomatis 1963, 1977, 1991). Im Hinblick auf das Erlernen von Fremdsprachen bedeutet dies, dass die oben erwähnten muttersprachlich bedingten selektiven Hörgewohnheiten mit zunehmendem Alter eine Art Filter für die genaue Wahrnehmung von fremdsprachlichen Lauten und Klangmuster bilden, und diese dadurch auch nicht genau wiedergegeben werden können (woraus der jeweils muttersprachenbedingte ‚Akzent’ resultiert). Um dieser Konditionierung der Wahrnehmung entgegenzuwirken, entwickelte Tomatis eine spezifisches Hörtraining, bei dem die akustische Wahrnehmungsfähigkeit durch gezielte akustische Stimulierung mittels modifiziertem Audio-Input trainiert und damit für die fremdsprachlichen Laute und Intonationsmuster wieder ‚aufgeschlossen‘ werden soll. Diese Modifizierungen erfolgen mithilfe eines von ihm speziell konstruierten Geräts, eines ‚Elektronischen Ohrs‘, durch diverse elektronische Prozesse (Filterungen, eine elektronische Wippe, die Verwendung einer Knochenleitung zusätzlich zur Luftleitung u.a.).
Die von Tomatis erzielten Ergebnisse stammen hauptsächlich aus dem Bereich der klinischen Forschung und sind kaum durch Studien belegt, es fehlt also ein überzeugender Nachweis durch empirische Studien. So wurde die Tomatis-Methode bisher erst einmal in einer Langzeitstudie getestet (Kaunzner 2001 und online), dies allerdings mit beeindruckenden Erfolgen (besseres Sprachverständnis und bessere Aussprache der Testpersonen gegenüber den Kontrollgruppen, dadurch bedingt auch ein wesentlich schnellerer Erwerb von Vokabular und grammatikalischer Kompetenz). Und obwohl einige von Tomatis? Hypothesen inzwischen durch aktuelle sprach- und neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse bestätigt werden (siehe oben), sind andere seiner Annahmen, wie zum Beispiel sein Hörmodell und seine These, dass es in jeder Sprache bevorzugte charakteristische Frequenzmuster (sogenannte Ethnogramme) gibt, äußerst umstritten und konnten nicht nachgewiesen werden (Harmegnies & Landercy 1985; Landercy et al. 1992). Auch eine an der TU Graz durchgeführte Untersuchung (Sereinig 2012) zu Unterschieden im Deutschen, Englischen und Französischen konnte keinen Nachweis für die Existenz solcher spektraler Charakteristika erbringen. Im Lichte dieser widersprüchlichen Rezeption (die zum Teil entschiedene Ablehnung seiner theoretischen Hypothesen steht positiven Rückmeldungen zur praktischen Arbeit mit seinen Geräten gegenüber, siehe auch unsere eigenen Ergebnisse), ist es daher unser Ziel, im Projekt FauvoT durch weitere Studien im Fremdsprachenunterricht eine wissenschaftlich fundierte Basis zu schaffen. Aus diesem Grund haben wir im Jänner 2013 ein Drittmittelprojekt beim FWF beantragt, welches sowohl eine interdisziplinäre Erforschung der wissenschaftlichen Grundlagen der audio-vokalen Methode wie auch eine ausgedehnte Datensammlung und überprüfung ermöglichen soll, um bisherige und zukünftige Ergebnisse vor dem Hintergrund adäquat großer ProbandInnengruppen evaluieren und wissenschaftlich absichern zu können.
Literaturverzeichnis:
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—, Mennen, S., und van der Slik, F. (2000). “Authenticity of Pronunciation in Naturalistic Second Language Acquisition: The Case of Very Advanced Late Learners of Dutch as a Second Language.” Studia Linguistica 54: 298–308.
Bissiri, M. P., und Pfitzinger, H. R. (2009). “Italian speakers learn lexical stress of German morphologically complex words.” Speech Communication 51: 933–947.
Cutler, A., Kim, J., und Otake, T. (2006). “On the limits of L1 influence on non-L1 listening: Evidence from Japanese perception of Korean.” In: P. Warren, und C. I. Watson, eds. Proceedings of the 11th Australian International Conference on Speech Science & Technology. 106–111.
Eberl, Eva, und Pfandl-Buchegger, I. (2008). “Learning to Listen – correct speech perception as a prerequisite for speech production”. In: Werner Delanoy und Laurenz Volkmann, eds. Future Perspectives for English Language Teaching. Heidelberg: Winter. 57–70.
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Insam, Milena, Pfandl-Buchegger, I., und Landsiedler. I. (2012). “Re-conditioning the Ear – Condensed Listening as a Means to Accelerating Foreign Language Learning.” In: Sabine Coelsch-Foisner, Manfred Markus, und Herbert Schendl, eds. Transfer in English Studies. ASE – Austrian Studies in English 100. 287–301.
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Tomatis, A. (1963). L’Oreille et le langage. Paris: Seuil; engl. Übers. The Ear and Language. Moulin 1997.
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